Das Glück in seiner Hand

Mein Sohn (6 Jahre) hält das Glück in seiner Hand. Mein Sohn ist darauf angewiesen, dass das auch künftig möglich ist. Das geht ausschließlich in einer demokratischen Gesellschaft und mit einer Regierung, die den Klimawandel nicht nur erkennt, sondern entschlossen bekämpft. Mein Sohn ist darauf angewiesen, dass Jene, die wählen können auch wählen gehen und zwar demokratische Vertreter:innen, die sich ganz ernsthaft für eine radikal pluralistische Gesellschaft einsetzen.

Gehen wir also wählen! Wählen wir eine freie Gesellschaft und keine Faschist:innen.

kein Sport mit Nazis

niemals und nirgendwo und auch kein Eis!

#Firmenlauf – Ich laufe nicht mit!
bei einem Lauf, deren Veranstalter finden, dass ‚Toleranz‘ auch Nazis mit einschließt und Sport nicht politisch ist.

Die Stellungnahme des Veranstalters zur Teilnahme der AfD ist nicht mit meiner Haltung gegen Rechtsextremismus vereinbar.

Die AfD mag in unserem System demokratisch gewählt sein, sie arbeitet jedoch gegen demokratische Strukturen, weiter noch, sie arbeiten gegen eine vielfältige Zivilgesellschaft und aktiv vor allem gegen Frauenrechte. Rechtsextreme Strukturen, Gruppierungen und deren Gedankengut nehmen stark zu und ich möchte an keiner Stelle, zu keiner Zeit und auch mit keiner einzigen gemeinsamen Teilnahme an einer (Sport)Veranstaltung dazu beitragen, dass diese weiter gesellschaftsfähig werden.  

Der Firmenlauf, ohne eine ganz eindeutige Distanzierung durch Veranstalter und anderer Teilnehmer:innen von der AfD und deren Teilnahme an solchen Veranstaltungen, ist für mich ein schleichender Prozess der Normalisierung dieser.

Diesen bin ich nicht bereit zu unterstützen, niemals und nirgendwo.

Die Veranstalter des Firmenlaufs lassen, wie bekannt ist, Rechtsextreme mitlaufen und fordern Verständnis dafür. Das habe ich nicht #niemals und #nirgendwo. Die Aussage der Veranstalter, dass Sport per se unpolitisch ist, kann ich in keiner Weise unterschreiben. Das eingeforderte WIR-Gefühl und die Bitte mit bunten T-shirts und Regenbogenfarben ein Zeichen für Vielfalt zu setzen, funktioniert für mich nicht, wenn die Veranstalter rechtsextreme Parteien eine Teilnahme am Lauf gestatten.

Dann gehören die Rechten nämlich ganz automatisch zum WIR vor Ort und in der gesellschaftlichen Mitte dazu, ob wir es wollen oder nicht, ob wir bunt angezogen sind oder nicht.

Zu diesem WIR will ich weder mit einem Plakat in der Hand, noch mit einem Regenbogen am Arm oder einem Spruch gegen Rechte auf dem Shirt angehören.

Die Veranstalter legen in Ihrem Statement fest, wer beim Lauf teilnimmt kann nicht Menschenverachtend sein, im Gegenteil alle Teilnehmer:innen stehen für Vielfalt. Wir wissen, weit gefehlt und offensichtlich falsch. Damit das ganze aber gesellschaftsverträglich und somit akzeptiert wird, überweisen die Veranstalter ein bisschen Geld an eine Geflüchtetenorganisation. Damit nicht genug, sie labeln das Ganze dann auch noch mit dem Begriff: Toleranz.

Der Toleranzbegriff, den ich nutze, schließt Faschisten nicht ein #niemals und #nirgendwo. Im Gegenteil, er grenzt sich sehr eindeutig davon ab.

Hinzu kommt für mich hat Sport immer eine politische Dimension.
Einem kollektiven WIR – möchte ich nicht beiwohnen, wenn nur einer der Gäste ein Nazi ist.
Geld an eine Organisation zu überweisen tröstet mich nicht darüber hinweg, dass Nazis zum Lauf zugelassen sind und dazugehörig gemacht werden. Geld als Widergutmachung oder zur Legitimierung der Eintrittskarte für rechte Parteien finde ich völlig daneben und inakzeptabel.

Nicht an der Veranstaltung teilzunehmen, wenn die AfD es tut, ist m.E. nach ein sehr viel deutlicheres Zeichen, als in Regenbogenfahnen gemeinsam mit der AfD teilzunehmen.
Davon auszugehen, dass die AfD automatisch tolerant ist, wenn Sie teilnimmt, verhöhnt die Toleranz und das ganze Engagement gegen Rechts.
Die AfD feiert Ihre Erfolge längst ohne unser zutun.

Wenn Teilnehmer:innen nicht teilnehmen, sind trotzdem 86 Personen der AfD im Bundestag. Die AfD bekommt durch eine mein Teil- und auch Nichtteilnahme trotzdem ihre Presse und Berichterstattung.

M.E. gibt es keine falsche Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist da oder sie ist es nicht. Aber wir können uns aussuchen, ob wir zum WIR-Gefühl mit Nazis bei Veranstaltungen beitragen und dafür den Toleranzbegriff hergeben wollen oder nicht.
Ob die AfD weniger Aufmerksamkeit durch die Presse bekommt, oder in die selbstgewählte Opferrolle fällt, haben wir gar nicht in der Hand. Aber unsere Haltung können wir zeigen, wenn wir uns nicht durch Veranstalter gleichmachen lassen. 
Nimmt man an Veranstaltungen gemeinsam mit der AfD teil, trägt man zur gesellschaftsfähigkeit rechter Strukturen bei, davon bin ich überzeugt. 

Zusammenfassend:

Ich mache keinen Schritt gemeinsam mit Nazis, nicht beim Sport, nicht auf der Straße und auch nicht in unseren Parlamenten.

Dass der Veranstalter kritische Nachfragen und Beiträge in sozialen Medien löscht – ist kein Zeichen der Toleranz und der Vielfalt sondern hoch kritisch und absolut beschämend!


#keinSportmitNazis #niemals #nirgendwo

Bild: Foto vom Metabene Aufkleber, seht mehr unter https://www.metabene.de/

Emotionen der Zeit

Eine kleine Brise eines unverwechselbaren Parfums, drei Töne einer Melodie und/oder der Name eines Computerspiels von 1991. Erinnerungen können kraftvoll in Windeseile zur ganz persönlichen Zeitreise werden.

Und mit jedem Atemzug steige ich tiefer hinein in die Emotionen der Zeit.

Erstaunlich, denke ich, als ich gestern Nacht mit dem Rad durch die Stadt fahre und eine Gruppe Menschen mir entgegen kommt – schwupp ist er da – der aufdringliche Duft der Vergangenheit. Schmeckt zuckersüß und manchmal schmerzlich bitter.

So, wie das Leben eben, denke ich.

Auf zu neuen Ufern!

Ich begebe mich auf ein neues, kleines Abenteuer, fernab aller Sicherheit gewohnter Formate. Gefühlt fahre ich hinaus aufs wilde unbekannte Meer. Ich freue mich schon jetzt auf den Wind, das Wasser, die Sonne und die funkelnden Sterne in der Nacht. Erste Schritte sind gemacht, eine Packliste bereits geschrieben und bald gehe ich an Bord um eine neue und (hoffentlich) klangschöne Welt zu erobern: Im Juli heißt es Leinen los – Radio an!
Ich werde ab Juli im Freien Radio Potsdam* regelmäßig 1h|1x im Monat** auf Sendung gehen. Bald gibt es mehr Informationen.

Ahoi!

*Freies Radio Potsdam
immer montags 06-06 Uhr
UKW: 90,7MHz (Berlin 88,4MHz)
Infos unter: www.frrapo.de
https://m.facebook.com/frrapoPDM

**jeden 4. Montag im Monat

Impfen – zwischen Herzklopfen, Zweifeln und jeder Menge Dankbarkeit

Es ist früh am Morgen.
Ich checke noch einmal alle Unterlagen. Habe ich auch wirklich alles, was ich für die Impfung gegen COVID-19 brauche? Ist alles gestempelt, alles ausgefüllt, alles unterschrieben? Fehlt noch etwas? Wie lange es wohl dauert, bis ich vor Ort bin? Wird viel Verkehr sein? Nehme ich das Auto oder das Rad? Mit all diesen Fragen wache ich auf und das seit dem Tag, als ich meinen Termin zum Impfen bekommen habe.
Endlich einen Termin, dachte ich, als ich die Terminbestätigung per Mail bekomme. Der hässliche Impfneid fraß sich bei mir Tag für Tag tiefer in meine Zuversicht und die mit Mühe aufrechterhaltenen Solidarität.


Ich bin sehr froh, dass dem Kollegen Neid heute die Grundlage genommen wird.
Jetzt sitze ich und warte mit vielen anderen in einer großen Halle. Ich sitze auf Platz 6 für Impfkabine 3.


Die Schleuse mit „Guten Morgen, Ihr Name und die Papiere bitte!“ habe ich schon hinter mir. Alle Dokumente sind richtig, unterschrieben und alles was ich brauche habe ich dabei.
Die Halle ist riesig. Viele Menschen warten in Reihen neben und mit mir. Gemeinsam teilen wir das Warten. Ob wir auch die Hoffnung teilen? Ob wir auch die Freude teilen? Oder die Zweifel? Ob es jemanden gerade gefühlsmäßig ähnlich geht, wie mir?
Ich bin, seit ich vor der Halle stand, ergriffen. Tränen fließen mir immer wieder in die Augen und ich atme immer wieder tief durch.
(Während ich diese Zeilen schreibe, kommt eine Frau vorbei und sagt, dass es in unserer Reihe nicht vorwärts geht, weil es technische Probleme gibt. Technische Schwierigkeiten in der Impfkabine).
Technische Probleme? Vielleicht funktionieren die Mikrochips nicht, die mir jetzt gleich unter die Haut gesetzt werden.

Dieser Gedanke lässt mich laut Lachen.
Die Person vor mir auf dem Stuhl dreht sich fragend zu mir um.
Ich sage: „Pardon!“


Und dann, alle Personen vor mir stehen synchron auf. Ich schnappe mein Klemmbrett mit den Unterlagen und stehe selbstverständlich auch auf. Ich muss einen Stuhl nach vorn aufrücken.


Der Stuhl von Platz 5 ist warm. Das ist etwas, dass ich weniger gernhabe. Warme Sitzflächen schaffen eine Verbindung zu Menschen, denke ich, die man sich nicht aussucht. Aber gut, denke ich, es geht hier um so viel mehr. Ein warmer Stuhl ist sehr aushaltbar, verglichen mit dem, um was es hier am Ende der Sitzreihe geht.


Verbindung, das Wort treibt meine Gedanken weit in die Welt hinaus. Wir sind alle verbunden, ob wir wollen oder nicht. Diese Pandemie zeigt es uns in aller Deutlichkeit. Wir erkannten z.Bsp. schmerzlich, dass wir auf die Herstellung von Masken aus Asien angewiesen sind.
Einige Menschen können Impfstoffe herstellen, ich kann es nicht – ich bin abhängig von der Kompetenz und der Verantwortungsübernahme tausender Menschen. Ich bin abhängig davon, dass Menschen weltweit kluge Entscheidungen treffen und all das im Rahmen maximaler Komplexität, unter Druck und in eigenen Zwängen und Abhängigkeiten.


Platz 5 von 6.
In den Reihen links und rechts neben mir, rücken die Menschen deutlicher schneller vorwärts. Mich trennen noch immer 5 Plätze von der Impfung.
Ich kann beobachten, dass das Murmeln der Menschen immer dann zunimmt, wenn sie wieder einen Platz vorrücken.
Ist das die Aufregung? Ist es vielleicht bei allen anderen auch so, dass mit jedem weiteren Vorrücken die Aufregung zunimmt? Oder vielleicht auch der Zweifel?


Ich schaue durch den Gang vor mir an der Kabine vorbei. Im Raum hinter den Kabinen, sitzen die Menschen, die schon geimpft sind. Geht es ihnen gut, frage ich mich? Was sie wohl fühlen und denken? Die haben es schon hinter sich, denke ich.
Sie sind ein kleines Stückchen mehr an der Hoffnung nicht am Virus zu erkranken oder wenigstens nicht aus diesem Grund eine Intensivstation von innen kennen zu lernen zu müssen.

Der Mann, der die Leute zum Impfen in Kabine 4 herein bittet macht Witze: „Kabine 3 bitte impfen, Kabine 3!“

Lustig finde ich das. Ich sitze immer noch vor Kabine 3 in der Reihe 5 von 6.
Es fühlt sich an, wie „Glückwunsch wieder an der falschen Kasse angestellt, Jenny!“
Ich muss wieder lachen. Murphys Gesetz. Unermüdlich.

Das Lachen entspannt mich. Die Tränen, denke ich, sie sind weg.
Jetzt klopft mein Herz, näher am Impfen, war ich nie.
Und dann: Willkommen Frau Zweifel. Ist es eigentlich eine gute Entscheidung, sich impfen zu lassen? Was, wenn es schief geht? Impfreaktion? Dauerhaft Schäden?
Unglaublich, was mir in ein paar Minuten so alles an Gefühlen und Gedanken begegnet.

Platz 2.
Selbstverständlich ist auch dieser Stuhl vorgewärmt.
Unter das Murmeln der Menschen mischen sich jetzt einzelne Worte aus der Impfkabine 4. Die Stimmung darin ist gut.

Was für eine Leistung denke ich.
Ketten- oder Laufbandimpfen ist sicher keine leichte Aufgabe, aber eine mit echtem gesellschaftlichem Wert. Und sehr exklusiv. Das Impfen ist sehr exklusiv. Das Impfen zu diesem Zeitpunkt ist exklusiv.

Wahnsinn, gleich bin ich dran.

Sitzplatz 1.
Puh. Mein Herz klopft und die Tränen sind zurück.
Und mit den Tränen, kommen auch Gedanken an die vielen Millionen Menschen, die nicht geimpft sind oder jemals geimpft werden, auch wenn sie wollten und es so sehr dringend bräuchten. Ich denke an die unzähligen Menschen, die niemals auch nur in die Nähe eines Impfstoffes kommen werden, ganz gleich welcher Firma.

Ich denke an diese unerträgliche Ungerechtigkeit, sie macht mich wütend und ohnmächtig.

Geimpft. Schnell, unkompliziert.
Noch 15 Minuten hinter den Kabinen in der Wartehalle warten und dann ist der erste von zwei Schritten gemacht. Schritte hin zu mehr Freiheit. Schritte hin zu einer Zeit, in der meine Angst hoffentlich bald wieder weniger machtvoll in meinen Gedanken herumschwirrt, weil durch mein Verhalten Menschen verheerend angesteckt werden können oder ich selbst schwer erkranken kann.


Schlussendlich bin ich erleichtert. Ich bin sehr gerührt und empfinde eine große Dankbarkeit. So fühlt sich Demut an, denke ich. Was bin ich privilegiert. Was habe ich für ein irre Glück in diesem Land geboren worden zu sein und leben zu dürfen.

Meine Zeit als Vorstand endet – vielen Dank für Alles!

Heute verlasse ich die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße nach aufregenden und lehrreichen 6 Monaten, denn meine Zeit als Vorstand endet.
Ich bedanke mich für die Anregungen, für die Offenheit, die mir entgegengebracht wurde und für die Gedanken und wichtigen Erinnerungen, die mit mir geteilt wurden.
Insbesondere danke ich der Stiftungsratsvorsitzenden Dr.in Birgit-Katharine Seemann und den Mitgliedern des Stiftungsrates für das entgegengebrachte Vertrauen und die konstruktive Zusammenarbeit.
Danke auch an Claus Ladner (Fördergemeinschaft), Bernd Richter (Häftlingsinitiative) und Carla Ottmann (Projektwerkstatt) für die zahlreichen Treffen und den wertschätzenden Austausch. Herzlichen Dank an Uwe Neumärker (Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas) für die fachlichen Hinweise und die wertvollen Ratschläge.

Vielen Dank auch für die Zusammenarbeit vor Ort in der Gedenkstätte.

Liebe Amélie zu Eulenburg, vielen Dank für deine Loyalität, dein Vertrauen und den unermüdlichen Einsatz für die Sache!

Maria Schultz, dir, deinem Team und allen Aktiven von Herzen einen guten Start und immer viel Schaffenskraft im Sinne der Stiftung.

Die Gedenkstätte ist ein ganz besonderer Ort mitten im schönen Potsdam. Sie hat viel Potenzial und ich hoffe es gibt stets viele engagierte Menschen, die weiterhin wertschätzend und gemeinsam an einem Strang ziehen.
Denn Erinnern, Forschen und Bilden waren und sind wichtig – gestern, heute und morgen und brauchen fortlaufend starke Bündnisse.

In diesem Sinne, bleiben Sie Verbündete für die Sache.

Jenny Pöller