Es ist heiß, uns steht der Schweiß des Tages auf der Stirn und die Anstrengungen eines gewöhnlichen „westeuropäischen“ Alltags liegen wie Staub auf unseren Gesichtern. Ganz leicht.
Die kleinen Hände meiner Kinder sind schmutzig vom Sand aus der Kita und aus dem Hort. Also, sage ich, ab in die Badewanne. Spülen wir die Spuren des Tages davon.
Meine Kinder sind jetzt 4 und 8 Jahre alt. Sie sind so wunderschöne Wesen. Mit Leichtigkeit eines glücklichen und zufriedenen Lebens strahlen ihre Augen, alles an Ihnen wächst mutig und zuversichtlich. Sie leben in Frieden, Ihnen fehlt es an Nichts. Sie bekommen unsagbar viel, selbstverständlich grenzenlose Liebe.
Jeden Abend, kurz bevor sie sich zum Schlafen in ihre weichen Bettchen legen, besprechen wir das weniger Schöne und das Schöne ihres Tages. Das weniger Schöne zuerst, sodass die Erinnerung an das Schönste am Tag sie in den sorglosen, sicheren Schlaf begleitet.
Heute, heute früh hörten wir im Radio die Nachrichten auf dem Weg in unseren Alltag. Es war die Rede von einer Kapitänin, die vielleicht für viele Jahre ins Gefängnis gehen muss. Mein Kind 1 (8 Jahre alt) fragte: „Was hat die Frau nur Schlimmes getan. 10 Jahre ins Gefängnis? Das muss aber etwas Schreckliches gewesen sein.“
Das Kind 2 fügte hinzu: „Hat Sie jemanden etwas weggenommen?“
Ich war sprachlos und Gänsehaut kroch mir am ganzen Körper entlang. Mir stieg all die Erbärmlichkeit kalt den Rücken hinauf. Ich fühlte unendliche Wut, Traurigkeit und Schmerz. Meine Tränen rollten dem Boden entgegen.
Die Bilder und Nachrichten der Welt tragen immer wieder die Schrecklichkeit unserer Menschheit in unseren Alltag. Leicht wie der Sommerwind und so brennend heiß wie das Feuer selbst.
Ich drehte das Radio leiser und hoffte: Aus den kleinen Ohren aus dem Sinn.
Eben, stand ich am Bett meiner Kinder. Wie jeden Abend. Ein Lied zum Einschlafen und dann das weniger Gute zu erst. Ich hatte es fast vergessen.
Kind 1 sagte: „Ich weiß noch nicht, was weniger gut war. Mama, ist die Frau, die Frau aus dem Radio jetzt im Gefängnis? Was hat sie getan?“
Mein Herz zerbrach, denn die Wahrheit schmerzt, auch viele Kilometer weit entfernt.
Vier Augen schauten mich fragend an.
Ich erkläre meinen Kindern immer, dass man sich für andere einsetzt. Dass man sich stark macht für jene die weniger stark sind. Für jene, die es weniger „gut“ haben. Für jene, die weniger Glück haben, warum auch immer das so ist. Ich erzähle beiden, dass jeder Mensch eine Stärke hat. Das jeder geliebt werden möchte und in Sicherheit leben will. Das wir alle glücklich sein wollen und es deswegen einfach wichtig ist, dass wir niemanden vergessen.
Die Wahrheit, die Wahrheit ist der richtige Weg. Also sagte ich: „Die Frau, sie ist eine Kapitänin und hat vielen Menschen das Leben gerettet. Dabei hat sie Gesetze überschritten.“
Kind 1: „Aber Mama, wer einem Menschen das Leben rettet, kommt doch nicht ins Gefängnis. Man kommt ins Gefängnis, wenn man einem Menschen das Leben nimmt. Bist du sicher, Mama, dass sie Leben gerettet hat?“
Ich: „Ja. Sie hat Leben gerettet.“
Kind 1: „Aber Mama, dann ist sie doch eine Heldin!“