27.01.2021 Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Am 27. Januar 1945, heute vor 76 Jahren, fand die Befreiung der Überlebenden des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch Soldaten der Roten Armee statt. Seit 1996 wird am 27. Januar bundesweit und gesetzlich verankert an die Millionen Opfer erinnert, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entrechtet, verfolgt und systematisch ermordet wurden.

In der Vergangenheit haben Menschen auf abscheuliche Art und Weise bewiesen, dass das Undenkbare möglich ist: einen Staat und den politischen und administrativen Apparat zur Ausführung eines Völkermordes einzusetzen, ein Verbrechen an dem alle Schichten von Bürger*innen beteiligt waren.

Das Erinnern ist schmerzlich und die Zeit die vergeht, ändert daran nichts. Zu entsetzlich waren und sind die Verbrechen der Nationalsozialist*innen.

Und doch gibt es immer wieder Versuche der Verharmlosung, der Relativierung und der Leugnung der Taten und der Täter*innen, sowie Versuche die Geschichte umzudeuten.

Wir müssen gemeinsam und für zukünftige Generationen alle gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren und verhindern, dass diese Versuche gelingen.

Die Vergangenheit gibt uns keine Handlungsanleitungen, aber wer sich ernsthaft mit ihr auseinandersetzt, wird die eigene Sensibilität schärfen, die es dringend braucht, um die gesellschaftlichen und individuellen Entwicklungen der Gegenwart zu lesen, zu deuten und vor allem nicht schweigend hinzunehmen.  

Antisemitismus, Rassismus, strukturelle Diskriminierung waren nie verschwunden. Sie sind in all ihren Facetten tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Und nur, weil man sie nicht wahrhaben will, entzieht man sich nicht der Verantwortung, etwas gegen Ausgrenzung, Hass und Gewalt zu tun. Wir müssen sie erkennen und benennen in all ihren Ausprägungen, um sie gemeinsam entschieden zu bekämpfen. Dabei geht es um nichts weniger als die Verteidigung unserer pluralen Gesellschaft!

Die Verteidigung der pluralen Gesellschaft bedeutet und hier zitiere ich den Lyriker Max Czollek, „an der Umsetzung der Vision gesellschaftlicher Offenheit weiterzuarbeiten, dafür braucht es die Anerkennung akuter existenzieller Bedrohungen der sich derzeit zu viele Menschen in unserem Land ausgesetzt sehen.“[1]

Pluralität anzuerkennen heißt nicht, beliebig das gutzuheißen, was Menschen tun oder sagen. Die Bejahung von Pluralität in unserer Gesellschaft vollzieht sich im normativen Rahmen der UN-Menschenrechte unter Anerkennung der Freiheit und Gleichheit aller Menschen an Würde und Rechten.

Das bedeutet, Menschen in ihrer Verschiedenheit als Individuen anzuerkennen sowie inklusive und partizipative Politiken und Praxen gegen Formen struktureller Diskriminierung zu fokussieren. Für Pluralität einzutreten, bedeutet auch, sich nicht vereinnahmen zu lassen, sondern selbst kritisch zu denken, zu entscheiden und für das eigene Sprechen und Handeln Verantwortung zu übernehmen.[2]

Die Verbrechen der Nationalsozialist*innen sind in ihrer Monstrosität singulär – das bedeutet jedoch nicht, dass sich ähnliche Taten nicht wiederholen können.  

 „Es gibt keine Orte und keine Zeiten, die uns zwingen (dürfen), die tiefste Anerkennung der radikalen Verschiedenheit von Menschen und der Bejahung einer demokratisch-pluralistischen Gesellschaft aufzugeben. Und es gibt keine Orte und keine Zeiten, die uns zwingen (dürfen), das eigenständig-kritische Denken aufzugeben. Die Unverletzlichkeit und die Würde eines jeden Menschen sind der Referenzrahmen.“ (Motto, Institut Social Justice und Radical Diversity)[2]


[1] Max Czollek, 2018, Desintegriert Euch!, 1. Auflage, Carl Hanser Verlag, S.189

[2] Leah Carola Czollek, Gudrun Perko, Corinne Kasner, Max Czollek, 2019, Praxishandbuch Social Justice und Diversity, Theorien, Training, Methoden, Übungen, 2. Auflage, Beltz Juventa, S.9

Happy new YEAR

Ich wünsche uns allen ein glückliches, gesundes und funkelndes neues Jahr!

Mögen wir alle finden, was wir suchen. Mögen wir alle erleben, was uns lebendig hält. Mögen wir erreichen, was wir uns wünschen. Mögen wir erhalten, was wir verdienen. Mögen wir entdecken, wonach wir uns sehnen und mögen wir alle glücklich und zufrieden die Herausforderungen des Lebens meistern.

Ich wünsche uns allen ein glückliches, gesundes und funkelndes neues Jahr!

Lockdown II+

Gut. Lockdown. Na dann! Ich habe unterschiedliche Gefühle dazu und es kostet mich wirklich Kraft die positive Sichtweise und die Zuversicht nicht zu verlieren. Vermutlich werde ich körperlich Gewicht zunehmen, weil mein Glaube – kurzweilige Energie auch aus süßen Leckereien gewinnen zu können – ziemlich groß ist. Nun, Körpergewicht kann und werde ich wieder abnehmen. Menschen die an einem Virus sterben, kann niemand wiederbeleben.
Kommt gut durch die Zeit, mit all euren individuellen Herausforderungen, Gefühlen, Ängsten, Hoffnungen, Bedürfnissen und Sichtweisen auf diese Welt!

Es kommen bessere Zeiten!

Veränderung

Heute Morgen, als die Kälte der Nacht sich langsam unter meine Decke schlich, sobald meine Hand nach dem Wecker griff, um diesen noch für fünf Minuten zur Ruhe zu bitten, wurde mir eisig klar – Veränderung ist immer da.

Nichts bleibt, wie es war, Veränderung ist immer da.

Mal kommt sie mit Applaus ins Haus, mal drängt sie sich von innen heraus.

Ganz gleich was ich tu‘, die Veränderung gibt keine Ruh.

Die Zeit geht voran und dann und dann, auch wenn ein Ende scheint in Sicht, die Veränderung endet nicht.

Drum bleibt nur die Erkenntnis, ja, Veränderung ist immer da.

Wenn niemand hilft, wird es bitterkalt

Kürzlich erlebte ich, wie es sich anfühlt: Wenn niemand hilft.

Autos und Radfahrer*innen vor mir und aus entgegengesetzter Richtung umschiffen, knapp und mit normaler Geschwindigkeit etwas, dass auf der Straße liegt.

Niemand! Wirklich niemand hält an.

Mein Kopf will nicht glauben, was meine Augen langsam entdecken. Ich kann einfach nicht denken, dass es kein großer Ast ist oder etwas anderes Unbelebtes.   Mein Kopf will es nicht denken, aber meine Augen sehen ein Rennrad und ein Mensch, beide liegen mitten auf der Straße. Der Mensch macht keine Bewegung, die nach Aufstehen aussieht.

„Halte an!“ sage ich fassungslos und ohne zu zögern steige ich eilig aus dem Auto. Rasch ziehe ich die Mund-Nasen-Maske an und denke: Wie war das? Beatmung? Seitenlage, stabile? Corona – denk an den Abstand!

Es vergehen lange Minuten, bis jemand in der Notrufzentrale abhebt.

Es vergehen noch einmal mehr als 35 lange Minuten, sehr viel Zeit, bis der Rettungswagen vor Ort eintrifft.

In der Zwischenzeit erfrage ich den Namen des Verletzten und erfahre mehr zum Unfallhergang. Der Mann hat Schmerzen und macht sich liebevoll Sorgen, um die Sorgen seiner Frau, wenn Sie vom Unfall erfährt. Ich halte seine Hand, mit Decken und vielen Worten über die wärmende Sommersonne Südfrankreichs und heißen Glühwein, versuchen wir das gemeinsame Frieren in der Kälte zurückzudrängen. Denn mittlerweile ist es bitterkalt.

Ich schreibe meinen Namen und meine Nummer auf einen Zettel und wünsche dem Verletzten viel Kraft. Er hat keine Wahl, er muss mir vertrauen, dass ich keine falsche Nummer notiert habe.
Ich lade das Rad in mein Auto, steige ein und dann habe ich schrecklich weiche Knie.

Es ist bitterkalt, denke ich. Nicht nur weil der November kalte Temperaturen im Gepäck hat, sondern weil so viele Menschen nicht anhalten, wenn jemand verletzt und hilflos auf der Straße liegt.
Es beschämt mich und macht mich unendlich wütend.

Und während ich meine Fahrt fortsetze, denke ich: Hoffentlich macht sich der Verletzte nicht Sorgen, darum, dass er sein Rad nie wiedersieht. Ich bin schließlich eine Fremde und er hat nichts, außer einem Vornamen und eine Nummer auf einem kleinen Zettel.

Und wenn es so vielen Menschen schon nicht gelingt, denke ich, mitfühlend einem offensichtlich verletzten Menschen zu helfen, dann werden meine Zweifel schmerzlich lauter: Solidarität und Mitgefühl sind offenbar schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr – sondern mehr und mehr schwindende Werte in unserer Gesellschaft. Wie sind wir da nur hingekommen? Wie kommen wir da wieder raus?


Update am 05.12.2020: Wie ist es dem tapferen Rennradfahrer Heiko Mehnert ergangen? Lest: „Nicht ins Becken springen.“