Lockdown II+

Gut. Lockdown. Na dann! Ich habe unterschiedliche Gefühle dazu und es kostet mich wirklich Kraft die positive Sichtweise und die Zuversicht nicht zu verlieren. Vermutlich werde ich körperlich Gewicht zunehmen, weil mein Glaube – kurzweilige Energie auch aus süßen Leckereien gewinnen zu können – ziemlich groß ist. Nun, Körpergewicht kann und werde ich wieder abnehmen. Menschen die an einem Virus sterben, kann niemand wiederbeleben.
Kommt gut durch die Zeit, mit all euren individuellen Herausforderungen, Gefühlen, Ängsten, Hoffnungen, Bedürfnissen und Sichtweisen auf diese Welt!

Es kommen bessere Zeiten!

Veränderung

Heute Morgen, als die Kälte der Nacht sich langsam unter meine Decke schlich, sobald meine Hand nach dem Wecker griff, um diesen noch für fünf Minuten zur Ruhe zu bitten, wurde mir eisig klar – Veränderung ist immer da.

Nichts bleibt, wie es war, Veränderung ist immer da.

Mal kommt sie mit Applaus ins Haus, mal drängt sie sich von innen heraus.

Ganz gleich was ich tu‘, die Veränderung gibt keine Ruh.

Die Zeit geht voran und dann und dann, auch wenn ein Ende scheint in Sicht, die Veränderung endet nicht.

Drum bleibt nur die Erkenntnis, ja, Veränderung ist immer da.

Wenn niemand hilft, wird es bitterkalt

Kürzlich erlebte ich, wie es sich anfühlt: Wenn niemand hilft.

Autos und Radfahrer*innen vor mir und aus entgegengesetzter Richtung umschiffen, knapp und mit normaler Geschwindigkeit etwas, dass auf der Straße liegt.

Niemand! Wirklich niemand hält an.

Mein Kopf will nicht glauben, was meine Augen langsam entdecken. Ich kann einfach nicht denken, dass es kein großer Ast ist oder etwas anderes Unbelebtes.   Mein Kopf will es nicht denken, aber meine Augen sehen ein Rennrad und ein Mensch, beide liegen mitten auf der Straße. Der Mensch macht keine Bewegung, die nach Aufstehen aussieht.

„Halte an!“ sage ich fassungslos und ohne zu zögern steige ich eilig aus dem Auto. Rasch ziehe ich die Mund-Nasen-Maske an und denke: Wie war das? Beatmung? Seitenlage, stabile? Corona – denk an den Abstand!

Es vergehen lange Minuten, bis jemand in der Notrufzentrale abhebt.

Es vergehen noch einmal mehr als 35 lange Minuten, sehr viel Zeit, bis der Rettungswagen vor Ort eintrifft.

In der Zwischenzeit erfrage ich den Namen des Verletzten und erfahre mehr zum Unfallhergang. Der Mann hat Schmerzen und macht sich liebevoll Sorgen, um die Sorgen seiner Frau, wenn Sie vom Unfall erfährt. Ich halte seine Hand, mit Decken und vielen Worten über die wärmende Sommersonne Südfrankreichs und heißen Glühwein, versuchen wir das gemeinsame Frieren in der Kälte zurückzudrängen. Denn mittlerweile ist es bitterkalt.

Ich schreibe meinen Namen und meine Nummer auf einen Zettel und wünsche dem Verletzten viel Kraft. Er hat keine Wahl, er muss mir vertrauen, dass ich keine falsche Nummer notiert habe.
Ich lade das Rad in mein Auto, steige ein und dann habe ich schrecklich weiche Knie.

Es ist bitterkalt, denke ich. Nicht nur weil der November kalte Temperaturen im Gepäck hat, sondern weil so viele Menschen nicht anhalten, wenn jemand verletzt und hilflos auf der Straße liegt.
Es beschämt mich und macht mich unendlich wütend.

Und während ich meine Fahrt fortsetze, denke ich: Hoffentlich macht sich der Verletzte nicht Sorgen, darum, dass er sein Rad nie wiedersieht. Ich bin schließlich eine Fremde und er hat nichts, außer einem Vornamen und eine Nummer auf einem kleinen Zettel.

Und wenn es so vielen Menschen schon nicht gelingt, denke ich, mitfühlend einem offensichtlich verletzten Menschen zu helfen, dann werden meine Zweifel schmerzlich lauter: Solidarität und Mitgefühl sind offenbar schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr – sondern mehr und mehr schwindende Werte in unserer Gesellschaft. Wie sind wir da nur hingekommen? Wie kommen wir da wieder raus?


Update am 05.12.2020: Wie ist es dem tapferen Rennradfahrer Heiko Mehnert ergangen? Lest: „Nicht ins Becken springen.“

Kopfkissenbezug müsste man sein!

Ich träume: Wäre ich ein Kopfkissenbezug, würde ich auch, wenn ich tagsüber draußen in der frischen Luft schaukeln könnte, unentwegt lachen.

Ja, denn dann würde ich weniger Zeitungen oder Kommentare lesen oder Nachrichten im Radio hören oder über verschiedene Kanäle darüber informiert werden, dass ein paar sehr fragwürdige Gestalten ernsthaft die Monarchie zurückfordern.

Ich stelle fest: Leute, wir haben fast 2021!

Ich vermute: Gut, ich würde mich als Kopfkissenbezug nicht als Frau definieren, die sehr froh ist wählen zu dürfen und noch mehr, sich selbst zur Wahl stellen zu können.

Ich befürchte: Als Kopfkissenbezug, würde ich die Sinnhaftigkeit der Demokratie nicht verstehen. Ich würde nicht das Bedürfnis verspüren nach Unabhängigkeit und Freiheit zu streben z.Bsp. in meinen Entscheidungen und der Art wie ich leben möchte. Als Bezug eines Kopfkissens, würde ich nicht bemerken, wenn es Ungerechtigkeiten in dieser vielfältigen Gesellschaft gäbe. Ich würde nicht darüber nachdenken, wie Vielfalt gelebt werden kann, eine Vielfalt die andere Sicht- und Denkweisen ermöglicht, weil sie einander nicht bedrohen oder zu dominieren versuchen.

Ich denke: Es gibt Tage, an denen wäre ich gern ein Kopfkissenbezug, schaukelnd an der frischen Luft sanft vom Winde angestoßen. Meine Funktion wäre allein ein hygienischer Zweck, um das Kopfkissen vor Verschmutzungen zu schützen. Mit dem Schleudergang während des Waschens und dem Waschmittel könnte ich mich arrangieren.

Ich schwöre: Aber! Wäre ich ein Kopfkissenbezug eines Menschen mit Reichsbürger*innenfantasien – es gäbe keine einzig ruhige Nacht mehr.

Ich appelliere: Die Gesellschaft vor antidemokratischen und menschenfeindlichen Ideologien zu schützen, ist unerlässlich, auch als Kopfkissenbezug!

Wahlfieber

In den USA wird gewählt und ich versuche dem keine Aufmerksamkeit zu schenken, immerhin ist schon viel los gerade: Ein Virus tobt sich weltweit fröhlich aus und demaskiert meine Vorstellung davon, dass ich emanzipiert in dieser Gesellschaft lebe.

Lieb gewonnene Freundinnen sind über Nacht Expertinnen für Virologie und Ansteckungswege geworden und wissen die wahren Expertinnen dieser Tage zu zitieren.

Und in meinem Briefkasten bietet K. Workshops an, die mir vermitteln sollen, wie die feinstoffliche Ernährung mit Licht (über extra eingesetzten Kanülen in meiner Wirbelsäule) funktioniert und ich dadurch endloses Glück empfinden werde. Vermutlich ist, wer tot ist, niemals mehr unglücklich.

Nun also auch noch die Wahl in den USA und ich schaue auf die Auszählungen und denke: Das kann doch nicht sein – so knapp? Und ich frage mich, was ist denn nur los? Was ist nur los mit dieser Welt und den Menschen?
Ich bin nicht sicher und auch nicht informiert, ob der Gegner vom (noch) Präsidenten Trump wirklich eine bessere Option für die ganze Welt ist, aber mir fehlt einfach die Vorstellungskraft, dass er es nicht ist.

Mir fehlte aber auch die Vorstellungskraft, dass Großbritannien die EU verlässt.

Und ja, mir fehlte auch die Vorstellung, dass ein Virus weltweit die Zentrifugalkräfte beschleunigt und die Gesellschaft schärfer durchschneidet als ein Katana und dabei die Masken der Emanzipation fallen lässt.

Das Wahlfieber hat mich gepackt, als die Wahllokale in den USA bereits geschlossen waren.

Vielleicht geht es am Ende doch anders aus, als ich es mir vorstellen kann.

Lockdown II

Ich werde versuchen meinen Mut und meine Zuversicht nicht zu verlieren und der Angst (die durchaus ab und zu aufflammt) immer wieder tapfer entgegentreten, ganz gleich wie mühsam und anstrengend es ist/wird. Und ja ich bin traurig und wütend und manchmal auch sehr unsicher.Ich wünsche mir, wenn ich Angst habe und Trauer empfinde vor allem Mitgefühl, Rücksichtnahme, Unterstützung und Zuversicht von jenen, die die Kraft und die Rahmenbedingungen haben weniger Angst und Trauer zu empfinden. Ich zähle dann auf jene, die mir sagen: Es kommen andere Zeiten. Ganz sicher.[Also, es macht für mich keinen Sinn eine*n für schuldig zu erklären. Denn, wenn es bei Covid-19 oder anderen Gefahren um Schuld ginge, sind dann nicht wir alle schuld, die an dieser oder irgendeiner anderen Krankheit erkranken/sterben können – also ALLE Menschen? Und macht das Sinn, jemanden oder etwas die Schuld dafür zuzuschreiben? Trägt Kranksein und krankwerden und (medizinische) Hilfe benötigen, eine Schuld? Ist es unwürdig auf Hilfe und Unterstützung angewiesen zu sein? Nein!Ich finde es unwürdig keine Rücksicht zu nehmen, auf jene, die es hart traf, trifft und treffen wird. Es wird niemals leichter, wenn ich eine*n Schuldige*n gesucht und „gefunden“ habe. Das macht nichts leichter, im Gegenteil es schürt Ängste, Wut, Hass und jede Menge Aus- und Abgrenzung. Nichts was ich unterstützen will. Nichts was ich empfinden will. Nichts wovon ich mich dominieren lasse.]Passt auf euch auf! Es kommen andere Zeiten. Ganz sicher.